Bei meinen Seminaren "Distance Leadership - Führen aus der Ferne" ist Work-Life-Balance immer ein heiß diskutiertes Thema, bei dem unter anderem die Kommunikationsüberlastung und die ständige Erreichbarkeit durch die neuen Medien zu den großen Herausforderungen der Führungskräfte zählen. Dabei zeigt sich, dass zahlreiche Probleme des "Extremjobbings" auch hausgemacht sind.
"Mein Chef will, dass ich immer erreichbar bin." - Diesen Satz höre ich häufig. Will er das wirklich? Hat er das so geäußert oder indirekt gezeigt? In vielen Fällen nicht. Das Erreichbarkeitsverhalten beruht auf einer nicht bestätigten Vermutung. Die Klärung der Erwartungen und die Festlegung einiger Kommunikationsregeln bewirken in der Regel erhebliche Entlastung auf beiden Seiten.
"Ich bekomme jeden Tag ca. 150 E-Mails, die Spam-E-Mails noch gar nicht eingerechnet." Bei einer Analyse des Kommunikationsverhaltens stelle ich immer wieder fest, dass ein Großteil der E-Mail-Flut selbst verursacht wird, indem das Medium E-Mail schlicht und einfach falsch eingesetzt wird. Einige kleine Veränderungen können die Zahl der E-Mails ohne große Anstrengung um rund 75% senken. Daneben lässt auch die Fähigkeit einander zu vertrauen den Flutpegel kräftig sinken.
"Ich bin viel zu viel auf Reisen und komme deshalb kaum dazu private Kontakte zu pflegen. Dabei hätte ich doch zumindest gerne mehr Zeit für meine Familie." Warum wird so wenig dagegen unternommen? Moderne Kommunikationsmedien wie virtuelle Besprechungszimmer sind zum Beispiel sehr gut geeignet, die Reiseaktivitäten zu reduzieren, denn nicht nur Sachfragen lassen sich trefflich über diese Medien abwickeln. So hat man mehr Zeit, sich um Beziehungspflege zu kümmern. Gute Beziehungen zu Mitarbeitern und Kollegen, aber auch zu Kunden, Lieferanten, Partnern, etc. reduzieren den Stress der Kommunikation und Zusammenarbeit erheblich. Allerdings – auf die Senatorkarte, für viele ein Symbol der Wichtigkeit, muss man dann „leider“ irgendwann verzichten.
Ungeklärte Erwartungen, falsches Kommunikationsverhalten und schlecht organisiertes Reiseverhalten sind nur einige der vielen Gründe für Extremjobbing. In den allermeisten Fällen kann durch eine Verhaltensänderung eine nachhaltige Verbesserung und vor allem Stressreduzierung erreicht werden. So vielschichtig wie die Ursachen, so vielschichtig sind auch die Hebel, die man ansetzen kann. Wer sich nicht ständig zwischen Job und Familie aufreiben lassen will, sollte irgendwann anfangen, seine eigenen inneren Werte hinterfragen. Was ist mir wichtiger - die Senartorkarte und der Blackberry oder die Familie und die Gesundheit?
Daneben sollten auch gesellschaftliche Werte auf den Prüfstand gestellt werden. Nicht die Arbeitzeit sollte das Leistungsmaß sein, sondern die Arbeitsergebnisse - und das ist es ja letztendlich auch, was den Chef und den Arbeitgeber wirklich interessiert. Nicht das „Wo“ der Leistungserbringung sollte eine Rolle spielen, sondern das „Wie“. Gewonnene Zeit sollte in mehr Freizeit und in die Beziehungspflege gesteckt werden und nicht in die Übernahme von noch mehr Aufgaben. Die Wichtigkeit einer Person bemisst sich nicht an Abwesenheit oder Erreichbarkeit, Anzahl der übernommenen Aufgaben, etc., sondern vor allem im verantwortungsvollen Umgang mit der zur Verfügung stehenden Zeit. Sonst kann es so gehen wie in diesem kleinen Vers, den ich in einem Augsburger Kabarett gehört habe:
Ich bin wichtig, so richtig wichtig,
ich bin wichtig, wichtig, wichtig,
ich bin wichtich, wichtich, wichtich,
ich bin wichtich, so richtich wichtich,
ich wichtich,
ich wicht ich
Ich Wicht.
Viele Grüße und ein entspanntes Miteinander wünscht Ihnen
Konrad Fassnacht
FCT-Akademie für innovatives Lernen GmbH
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